Mandanteninformation 06/2022
Mandanteninformation 06/2022
Anlässlich der anstehenden Neufestsetzung der Grundsteuer möchten wir Sie über die Hintergründe, Verfahren und Besonderheiten hinweisen.
Sehr geehrte Mandanten und Mandantinnen,
anlässlich der anstehenden Neufestsetzung der Grundsteuer möchten wir Sie über die Hintergründe, Verfahren und Besonderheiten hinweisen.
Eventuell haben Sie bereits eine Aufforderung des Finanzamtes erhalten. Wenn nicht, wird dies bis 01. Juli 2022 noch erfolgen. Grundsätzlich können Sie die Datenerfassung selbstständig über Ihren privaten Elster-Account vornehmen. Natürlich stehen wir Ihnen als Steuerkanzlei beratend zur Seite oder übernehmen im Einzelfall auch die komplette Datenerfassung (*).
Aufgrund der Vielzahl an Grundstücken möchten wir Sie bitten, uns frühzeitig zu informieren, wenn Sie unsere Unterstützung benötigen.
Nehmen Sie jetzt Kontakt mit uns auf.
Dabei konzentrieren wir uns als Steuerkanzlei auf die in Sachsen belegenen Wohngrundstücke, für die das Ertragswertverfahren anzuwenden ist. Für Geschäftsgrundstücke (mit Sachwertverfahren) sind teilweise baufachliche und örtliche Kenntnisse nötig, die eine besondere Vereinbarung bedürfen. Sind mehrere Eigentümer als Gesamthand für ein Grundstück vorhanden, ist nur eine Erklärung für alle Beteiligten abzugeben.
1. Hintergrund der Grundsteuerreform
Das BVerfG hat mit Urteil vom 10.04.2018 entschieden, dass bestimmte Vorschriften der Einheitsbewertung in den alten Bundesländern, jedenfalls seit dem 1. Januar 2002 unvereinbar mit dem Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG sind. Für die bisherige Ermittlung der Einheitswerte wurde in den alten Bundesländern auf Wertverhältnisse zum 1.1.1964 und in den neuen Bundesländern auf Wertverhältnisse zum 01.01.1935 abgestellt. Diese Wertverhältnisse sind stark veraltet und geben nicht mehr die Wertentwicklungen bis heute wieder, was zu starken Ungleichbehandlungen führen kann.
Der Gesetzgeber hat daher bis zum 31.12.2019 eine Neuregelung für die Ermittlung der Grundsteuer zu schaffen. Gelingt dies, so dürfen die Regelungen zur Einheitsbewertung weiterhin bis zum 31.12.2024 angewendet werden. Die neuen Regelungen sind dann ab dem 1.1.2025 anzuwenden.
Die Grundsteuerreform ist durch den Gesetzgeber fristgerecht durch ein Gesetzespaket umgesetzt worden. Dabei hat der Gesetzgeber ein grundlegend geltendes Bewertungsmodell verabschiedet (sog. „Bundesmodell“). Gleichzeitig wurde im Grundgesetz jedoch auch eine Öffnungsklausel vereinbart, wonach die Bundesländer eigene, vom Bundesmodell abweichende gesetzlichen Regelungen treffen können.
Ziel der Reform ist jedoch für alle Bundesländer, dass die Grundsteuerreform in Summe aufkommensneutral umgesetzt werden soll. Dies bedeutet, dass durch die Neuregelungen innerhalb der Gemeinden insgesamt nicht mehr Grundsteuer erhoben werden soll als bisher. Dies soll insbesondere durch die Anpassung der Hebesätze durch die Gemeinden erfolgen. Auch wenn dieses Ziel erreicht werden sollte, so wird die Reform dennoch zu Wertverschiebungen führen, sodass einige weniger und einige mehr Grundsteuer als zuvor zahlen werden.
2. Überblick über die Neuregelungen
Durch die eingeführte Öffnungsklausel haben sich mehrere Bundesländer für eigene Bewertungsregelungen entschieden. Je nachdem, in welchem Bundesland Ihr Grundstück liegt, sind daher unterschiedliche gesetzliche Reglungen anzuwenden. Es gelten zukünftig die folgenden Regelungen:
Bundesland | Gesetzliche Regelung | Bewertung mittels |
---|---|---|
Baden-Württemberg | Eigenes Landesmodell (LGrStG BW) | Modifiziertes Bodenwertmodell |
Bayern | Eigenes Landesmodell (BayGrStG) | Wertunabhängiges Flächenmodell |
Berlin | Bundesmodell (GrStG/BewG) | Wertabhängiges Modell |
Brandenburg | Bundesmodell (GrStG/BewG) | Wertabhängiges Modell |
Bremen | Bundesmodell (GrStG/BewG) | Wertabhängiges Modell |
Hamburg | Eigenes Landesmodell (HmbGrStG) | Flächen-Wohnlage-Modell |
Hessen | Eigenes Landesmodell (HGrStG) | Flächen-Faktor-Modell |
Mecklenburg-Vorpommern | Bundesmodell (GrStG/BewG) | Wertabhängiges Modell |
Niedersachen | Eigenes Landesmodell (NGrStG) | Flächen-Lage-Modell |
Nordrhein-Westfahlen | Bundesmodell (GrStG/BewG) | Wertabhängiges Modell |
Rheinland-Pfalz | Bundesmodell (GrStG/BewG) | Wertabhängiges Modell |
Saarland | Bundesmodell (GrStG/BewG) | Wertabhängiges Modell |
Sachsen | Bundesmodell (GrStG/BewG) allerdings mit abweichenden Steuermesszahlen |
Wertabhängiges Modell |
Sachsen-Anhalt | Bundesmodell (GrStG/BewG) | Wertabhängiges Modell |
Schleswig-Holstein | Bundesmodell (GrStG/BewG) | Wertabhängiges Modell |
Thüringen | Bundesmodell (GrStG/BewG) | Wertabhängiges Modell |
Die besonderen Regelungen beziehen sich dabei insbesondere auf die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens (sog. Grundsteuer B). Die Regelungen zu den Betrieben der Land- und Forstwirtschaft (sog. Grundsteuer A) sind hingegen mit der Ausnahme von geringfügigen Sonderregeln in einigen Ländern, im Wesentlichen in allen Bundesländern identisch.
Für Sie als Grundstückseigentümer ist daher zukünftig zuerst die Lage des Grundstücks zu betrachten, da sich danach die anzuwenden gesetzlichen Regelungen ergeben.
Bzgl. dem Verfahren zur Ermittlung der Grundsteuer ändert sich für Sie jedoch nichts. Es bleibt in allen Bundesländern bei dem bisher bekannten 3-stufigen Verfahren aus:
- Feststellung des Grundsteuerwerts (in einigen Bundesländern teileweise andere Bezeichnung) durch das Finanzamt
- Festsetzung des Grundsteuermessbetrags durch das Finanzamt
- Festsetzung der Grundsteuer durch die Gemeinde
Das Schema für die Ermittlung der Grundsteuer ist somit im Grundsatz in allen Bundesländern gleich:
Bei der Ermittlung der Ausgangswerte für die Grundsteuer B ergeben sich jedoch grundlegende Unterschiede aufgrund der verschiedenen gesetzlichen Regelungen. Anbei erhalten Sie dazu einen kurzen, sehr groben Überblick, wie sich die Ausgangswerte zukünftig im Grundsatz ermitteln:
2.1. Bundesmodell
Im Bundesmodell erfolgt die Ermittlung der Grundsteuer B zukünftig anhand eines wertabhängigen Modells. Dabei sind je nach Grundstücksart zwei Bewertungsverfahren zu unterscheiden. Während die Wohngrundstücke (EFH, ZFH, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum) einheitlich im Ertragswertverfahren bewertet werden, sind die Nichtwohngrundstücke (Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum und sonstige bebaute Grundstücke) im Sachwertverfahren zu bewerten.
Beim Ertragswertverfahren ermittelt sich der Wert des Grundstücks anhand der nachhaltig zu erzielenden Erträge. Dabei handelt es sich um ein typisiertes Verfahren, welches nicht auf die tatsächlichen Erträge basiert, sondern die typisierten Nettokaltmieten des Mikrozensus und die veröffentlichten Mietniveaustufen des Bundesministeriums der Finanzen berücksichtigt. Weiterhin fließen das Baujahr, die Wohnungsgröße und die Wohnflächen in die Bewertung mit ein.
Bei dem Sachwertverfahren handelt es sich ebenfalls um ein typisiertes Verfahren. Dort erfolgt die Wertermittlung zukünftig anhand der typisierten Normalherstellungskosten (NHK), welche sich aus dem Baujahr und der Gebäudeart ergeben und mit der Brutto-Grundfläche der Gebäude zu multiplizieren sind.
Die so ermittelten Grundsteuerwerte werden mit der Steuermesszahl multipliziert, welche sich zwischen Wohn- und Nichtwohngrundstücken unterscheidet. Durch die geringe Steuermesszahl für Wohngrundstücke, wird die Wohnnutzung pauschal begünstigt.
Weitere Ermäßigungen gibt es für den sozialen Wohnungsbau, bestimmten Rechtsträgern und für Baudenkmäler.
3. Zeitlicher Ablauf
Die Grundsteuer nach der Grundsteuerreform wird erstmals für den Erhebungszeitraum 2025 festgesetzt. Für Sie bedeutet dies, dass Sie für das Jahr 2025 einen Grundsteuerbescheid der Gemeinde erhalten, in dem die Grundsteuer nach den neuen Regelungen ermittelt wurde und welcher von Ihnen zu zahlen ist. Bis zum Kalenderjahr 2024 beruhen die Grundsteuerbeträge weiterhin auf den bisher gelten Regelungen zur Einheitsbewertung.
Dennoch werden die Ausgangswerte für die Ermittlung der Grundsteuer ab 2025 bereits auf den Bewertungsstichtag 01.01.2022 ermittelt. Die sehr frühe Ermittlung soll gewährleisten, dass die Finanzämter genügend Zeit für die Neubewertung alle Grundstücke in Deutschland (geschätzt ca. 36 Mio. wirtschaftliche Einheiten) haben. Vereinfacht dargestellt sieht der zeitliche Prozess der Grundsteuerreform wie folgt aus:
4. Informationen zu den Feststellungserklärungen
Für die Neubewertung und Ermittlung der Grundsteuer sind erstmalig in allen Bundesländern Feststellungserklärungen zur Ermittlung der Ausgangsbeträge auf den 01.01.2022 durch die Grundstückseigentümer abzugeben. Die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung wird nach derzeitigem Stand voraussichtlich am 31.03.2022 ergehen. Für die Abgabe der Erklärungen ist derzeit der Zeitraum vom 01.07.2022 bis 31.10.2022 geplant.
Dabei sind die Erklärungen grundsätzlich elektronisch (z.B. per Elster) an das Finanzamt zu übermitteln.
Je nach Belegenheit des Grundstücks werden aufgrund der verschiedenen gesetzlichen Regelungen unterschiedliche Angaben für die Feststellungserklärungen benötigt.
Eine Übersicht über die wesentlich benötigten Informationen und Unterlagen können Sie der nachfolgenden Checkliste entnehmen. Wir empfehlen Ihnen, frühzeitig mit der Zusammenstellung der Unterlagen und Informationen zu beginnen.
Nach der Erstellung und Abgabe der Erklärungen wird das Finanzamt die entsprechenden Werte ermitteln und die Bescheide erlassen. Wann mit dem ersten Bescheiden zu rechnen ist, ist derzeit noch ungewiss. Der neue Grundsteuerbescheid der Gemeinde für das Jahr 2025 wird dann voraussichtlich zum Ende des Jahres 2024 oder Anfang 2025 ergehen.
5. Einführung der Grundsteuer C
Im Rahmen der Grundsteuerreform wird weiterhin eine dritte Grundsteuerart – die sog. Grundsteuer C – eingeführt. Die Grundsteuer C kann zukünftig von Gemeinden eingeführt werden und damit für unbebaute, baureife Grundstücke ein höherer Hebesatz festgelegt werden. Damit möchte der Gesetzgeber Spekulationen mit Bauland erschweren und finanzielle Anreize schaffen, Wohnraum zu schaffen. Die Grundsteuer C stellt dabei ein Wahlrecht für jede Gemeinde dar. Die Grundsteuer C kann in allen Bundesländern bis auf Bayern eingeführt werden. In Bayern ist die Grundsteuer C nicht möglich.
* Hinweis:
Unsere Kosten pro wirtschaftlicher Einheit berechnen sich auf Basis einer Stundenabrechnung unserer Steuerberater (110,00 € netto pro Stunde) zzgl. einer Kostenpauschale für elektronische Abrufe und Registrierungsgebühren von 50,00 € netto.